Strafgefangene – Klassenjustiz Kap 3 und 4

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© ProLitteris, Josef Estermann

3 Empirische Grundlagen der Untersuchung

3.1 Datenerhebung

Die Datenbasis der folgenden empirischen Untersuchung bilden Primärerhebungen, die Rechtsdissertanden in 10 Schweizer Strafanstalten zwischen 1971 und 1975 durchgeführt haben. (1) Die einzelnen Primärerhebungen wurden in den Anstalten selbst vorgenommen. Die Dissertanden befanden sich während mindestens dreier Monate, teilweise bedeutend länger, in den zu untersuchenden Strafanstalten (teilnehmende Beobachtung). Nachdem sie mindestens zum Teil in den Anstaltsbetrieb integriert waren, führten sie Gespräche mit Personal und Insassen (strukturierte Tiefeninterviews) und hielten die Ergebnisse auf Frage-Antwort-Bogen fest. Obwohl die Dissertanden keine grundlegende sozial wissenschaftliche Ausbildung durchlaufen hatten, sind die Daten wegen des intensiven Kontaktes des Forschers mit den untersuchten Personen und des bedeutenden Hintergrundwissens außerordentlich valide. Der Mangel des Materials besteht eher darin, daß die Daten, da sie aus verschiedenen Anstalten stammen, nur bedingt vergleichbar sind. Für die vorliegende Untersuchung wertete ich das Primärmaterial (Frage-Antwort-Bogen und Strafregisterauszüge) aus und codierte es neu. Den Datensatz bearbeitete ich an dem Computer der Freien Universität Berlin vor allem mittels des Programmpaketes SPSS.

Der Datensatz enthält sozioökonomische Merkmale der Strafgefangenen und Informationen über alle Ereignisse, die Aufschlüsse über Kontakte mit Institutionen sozialer Kontrolle geben (Heimeinweisung, Zeitpunkt, Art und Dauer des Strafvollzugs usw.).

Bei der Codierung haben einige Schwächen des Primärmaterials Probleme hervorgerufen: Gleiche Fälle waren teilweise unterschiedlich klassifiziert und es wurden unterschiedliche Auswahlkriterien angewendet. In einzelnen Primärerhebungen wurden Fälle von Maßnahmevollzug (Internierung von straffälligen Alkoholikern, Geisteskranken und Gewohnheitsverbrechern sowie Jugendmaßnahmevollzug) weggelassen, in den meisten jedoch berücksichtigt. Einige Strafregisterauszüge waren offensichtlich fehlerhaft und einige Interviews unvollständig bzw. nicht verwertbar (offensichtlich falsche Angaben, Verweigerungen). Die meisten Schwächen konnten durch die Neucodierung und Abgleich mit den Strafregisterauszügen mindestens teilweise behoben werden. Fälle, die zu viele unsichere oder unvollständige Daten enthielten, wurden von der Analyse ausgeschlossen. So sank die Zahl der Fälle von ursprünglich 1012 auf 989. Unsichere Daten wurden als fehlende Werte bezeichnet und gehen nicht in die Auswertung ein. Die Anzahl der Fälle ist für die Insassen schweizerischer Strafanstalten repräsentativ, die Stichtage sind zufällig gewählt.

Da sowohl die Produktionsbedingungen wie auch das Sanktionssystem und die strafrechtlichen Normen in den Staaten Mitteleuropas weitgehend identisch sind und ein reger Austausch bzw. Übernahme von Normen und theoretischen oder praktischen Strategien zur ,Behandlung‘ von Kriminalität stattfindet, können wir von der Repräsentativität der Daten und Ergebnisse beispielsweise auch für die Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Italien oder Frankreich ausgehen.

Die Auswertung beruht in erster Linie auf Auszählungen, Kreuztabellen und verschiedenen statistischen Tests (2), für komplexe Zusammenhänge auf korrelations- und regressionsanalytischen Modellen (3).

3.2 Probleme der Wirklichkeitsabbildung

In der nachfolgenden Arbeit werden zwei Arten von Aussagen getroffen, nämlich (A) solche, die die vorgefundenen Sachverhalte und Tatsachen statisch darstellen (wer ist im Gefängnis?) und (B) Aussagen über den Kriminalisierungsprozeß (wie kam es zur Internierung, wie laufen Kriminalisierungsprozesse ab, welche Kriterien spielen bei der Selektion eine Rolle?).

Bei der statischen Darstellung bestehen außer dem Stichprobenfehler, der bei der Stichtagserhebung auftritt, kaum methodische Schwierigkeiten. Die Erhebung bezieht sich auf die Grundgesamtheit der an einem bestimmten Tag inhaftierten Strafgefangenen, nicht aber auf die Strafgefangenen überhaupt, da langjährige Strafgefangene eine wesentlich größere Chance haben, in die Stichprobe zu kommen. Während eines Jahres können in einer Gefängniszelle entweder ein langjähriger oder vier Gefangene mit je dreimonatiger Freiheitsstrafe inhaftiert sein. Jeder der letzteren hat eine viermal kleinere Chance, in die Stichprobe zu kommen. Das Problem läßt sich durch die Gewichtung der Fälle nach Strafdauer beheben.

Die prozeßorientierte Darstellung stößt hingegen auf schwerwiegende Probleme. Der Datensatz enthält keine Angaben über die Entwicklung der kriminellen Karriere nach der Strafentlassung. Es befinden sich auch keine Individuen im Datensatz, die zwar eine oder mehrere Stufen der Kriminalisierung durchlaufen haben, jedoch nicht ins Gefängnis eingewiesen wurden. Aussagen über Selektion auf den verschiedenen Stufen des Kriminalisierungsprozesses sind also nur mit Einschränkung möglich. Da es nicht nur um eine. Aufzählung von Merkmalen und Eigenschaften der Strafgefangenen als Kriminalisierungsmerkmale geht, sondern auch um den Kriminalisierungsprozeß, stelle ich die einzelnen Stationen, die ein Individuum in diesem Prozeß durchläuft, graphisch vereinfacht dar (Abbildung 4) und zeige, welche Teile des Prozesses durch das empirische Material abgedeckt sind und welche nicht. Es sind nur Personen erfaßt, die sich im Strafvollzug befanden. Von diesen sind allerdings sämtliche vor dem Erhebungszeitpunkt liegende Kriminalisierungsereignisse bekannt (Verurteilungen, Heimeinweisungen usw.)

Im Rahmen dieser Untersuchung sind Aussagen über den Verlauf der Kriminalisierung nur bezüglich der Merkmale und Lebensgeschichte von Strafgefangenen zu machen. Dies dürfte eine zuläßige Reduktion sein, da der Freiheitsentzug im herrschenden Gesellschafts- und damit Strafrechtssystem die endgültige Kriminalisierung einer Person bedeutet. Aussagen über Indices als Selektionsmerkmale sind aufgrund der Datenlage möglich. Bezüglich der Art und Weise, der Gründe und des Funktionierens der Selektion müßten weitere empirische Forschungen und gesellschaftstheoretische Analysen angestellt werden.

Abbildung 4

4 EMPIRISCHE AUSWERTUNG – OPERATIONALISIERUNG, VARIABLENBESCHREIBUNG UND DESKRIPTIVE STATISTIK

Im ersten Schritt müssen die Gefängnisinsassen im Hinblick auf ihre sozialen und ökonomischen Merkmale und auf die Interaktionsereignisse, die ihre Kriminalisierung bzw. ihre kriminelle Karriere bestimmt haben oder bestimmen, beschrieben werden. Ergeben sich . hier Differenzen zu den sozialen und ökonomischen Merkmalen der Durchschnittsbevölkerung, .könnte man auf das Vorliegen von Indices oder entscheidungsrelevanten Merkmalen für die Kriminalisierung schließen: Solche Merkmale sind „Indiceskandidaten“. Ob es sich dabei wirklich um Indices, also um Transformationsbedingungen für die Zuschreibung des negativen Status eines „Kriminellen“ handelt, läßt sich jedoch letztendlich nur mittels einer Analyse des Definitionsaktes im Gerichtssaal oder bei der Interaktion mit anderen Instanzen sozialer Kontrolle feststellen. Eine solche Analyse läßt das vorliegende Datenmaterial allerdings nicht zu, wohl aber eine Korrelations- und Regressionsanalyse von Ablauf und Resultat des gesamten Kriminalisierungsprozesses, den die Strafgefangenen durchlaufen haben.

4.1 Variablenbeschreibung und deskriptive Statistik der Merkmale der Gefängnisinsassen

In diesem Abschnitt werden die einzelnen Variablen und ihre Bedeutung erläutert. Dargestellt sind deren Verteilung und Ausprägung sowie, wo die entsprechenden Daten zur Verfügung stehen, die Werte der Gesamtbevölkerung. Eine Gewichtung der Fälle wurde nur im regressionsanalytischen Teil vorgenommen.

4.1.1 Alter

Das Alter der Strafgefangenen ist für den Kriminalisierungsprozeß in zweierlei Hinsicht bedeutsam: Als Datum des Beginns der Kriminali­ sierung weist es darauf hin, welche Alters- und Bevölkerungsgruppen von der Erstkriminalisierung besonders bedroht sind, als Datum der aktuellen Verurteilung zeigt es die altersmäßige Verteilung der Gefängnisinsassen und damit die Altersgruppe, die von der Zuschreibung des Status eines Kriminellen am stärksten betroffen ist.

Für den Zeitpunkt des Beginns der Kriminalisierung wurden drei Variablen erhoben:

– Alter zur Zeit des ersten Kontaktes mit Instanzen sozialer Kontrolle (AEKI)

– Zeitpunkt der ersten Internierung in einem Erziehungsheim, der ersten Verurteilung oder der ersten jugendanwaltschaftlichen Maßnahme

– Alter zur Zeit der ersten Verurteilung (AEV)

Dabei wurde nicht zwischen der Härte der einzelnen Sanktionen wie Buße, Jugendstrafe, Freiheitsstrafe mit oder ohne Bewährung unterschieden.

– Alter zur Zeit der ersten Internierung (AEI)

– Zeitpunkt der ersten Internierung in Erziehungsanstalt, Arbeitserziehungsanstalt oder Gefängnis.

Indikator für die zweite Altersdimension ist das

– Alter zur Zeit der aktuellen Verurteilung (AAV).

Da die Ausprägungen der Altersvariablen nicht normalverteilt sind, sondern eine monomodale Verteilung aufweisen, deren Modalwert bedeutend kleiner ist als deren Durchschnittswert, ist der Median der Verteilungskurve der beste Wert zur Beschreibung der Variablen.

AEKI Median bei 19,3 Jahren (N =9 26)

AEV Median bei 20, 3 Jahren (N = 954)

AEI Median bei 21, 5 Jahren (N = 931)

AAV Median bei 28, 8 Jahren (N = 981)

4.1.2 Geschlecht

Geschlecht ist ein wichtiges Zuordnungskriterium in sämtlichen interaktiven Prozessen. Das gilt auch für den Bereich des Kriminalisierungsprozesses. In den untersuchten Strafanstalten befanden sich nur 5,4 % Frauen (N = 989).

Bloß aufgrund dieses Datums auf Vorteile für Frauen in der Interaktion mit den Instanzen sozialer Kontrolle zu schließen, wäre voreilig. (1) Ähnliche Verteilungen wie in den Strafanstalten finden sich auch in den Polizei- und Urteilsstatistiken. So waren z.B. in der Schweiz 1976 bei 14,1 % der abgeurteilten Straftaten Frauen angeklagt, unter den zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung Verurteilten waren 6,4 %, unter den wegen schwerwiegenden Delikten (Raub, absichtliche Tötung, Erpressung, Sexualdelikte mit Gewaltanwendung) Verurteilten nur 3,9 % Frauen. (2)

4.1.3 Nationalität

Nationalität könnte insofern einen Einfluß auf den Interaktionsprozeß bei der Zuschreibung kriminellen Verhaltens haben, als daß Ausländern oft adäquate Kommunikationsformen vor allem sprachlicher Natur fehlen. In Schweizer Gefängnissen befanden sich im Untersuchungszeitraum 18,6 % Ausländer (N = 983, davon 90 % aus dem benachbarten Ausland), unter der Wohnbevölkerung 16 % und unter den Erwerbstätigen 26 % . Ausländer sind also in den Strafanstalten nicht überrepräsentiert.

4.1.4 Internierung in Heimen

Wird ein Kind oder ein Jugendlicher aus der Familie herausgelöst, verliert er weitgehend deren Schutz und ist den Fremddefinitionen durch Institutionen und Instanzen sozialer Kontrolle stärker ausgeliefert. Nicht selten sind es die Instanzen selber (Schule, Jugendanwaltschaft, Gericht), die die Internierung betreiben. Im vorliegenden Datensatz gelten als Internierung Aufenthalte in Heimen von mindestens dreimonatiger Dauer. Berücksichtigt wurden nur Heimaufenthalte während der ersten 18 Lebensjahre der Strafgefangenen (N = 931).

Erhoben wurden vier Arten von Heiminternierungen:

– Internierung in einem Kinder- oder Waisenheim

15 % der Gefängnisinsassen, davon 67 % auch in anderen Heimen, durchschnittliche Internierungsdauer 8 Jahre

– Internierung in Schulheimen und Internaten

12 % der Gefängnisinsassen, davon 49 % auch in anderen Heimen, durchschnittliche Internierungsdauer 6 Jahre

– Internierung in Erziehungsheimen und -anstalten

29 % der Gefängnisinsassen, davon 41 % auch in anderen Heimen, durchschnittliche Internierungsdauer 5 Jahre

– Internierung in Spitälern und psychiatrischen Anstalten

8 % der Gefängnisinsassen, davon 52 % auch in anderen Heimen, durchschnittliche Internierungsdauer 3 Jahre

Insgesamt waren 46 % der Strafgefangenen schon vor oder während ihres 18. Lebensjahres in Heimen interniert, davon weit über die Hälfte in Erziehungsheimen und -anstalten. Von diesen 46 % verbrachten 41 % ein oder zwei Jahre in Heimen, 22 % drei oder vier Jahre. 16 % waren über 10 Jahre interniert.

Schon bei der bloßen Beschreibung wird deutlich, welchen zentralen Einfluß längerdauernde Heimaufenthalte, insbesondere solche in Erziehungsheimen und Erziehungsanstalten, auf eine spätere kriminelle Karriere haben. Heimaufenthalt ist ein Indiceskandidat, sei es als Transformationsbedingung für ,kriminelle Neigung‘, ,Arglist‘ oder ,Aneignungsabsicht‘. So werden Indices in einem Alter angelegt, in dem eine Person überhaupt noch nicht strafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann.

4.1.5 Internierung der Eltern

Eine Internierung im Gefängnis, einer psychiatrischen Klinik oder einer Trinkerheilanstalt bringt nicht nur eine negative Zuschreibung mit sich, sondern auch eine erhöhte Aufmerksamkeit der Instanzen sozialer Kontrolle der Familie des Internierten gegenüber. Dadurch wiederum könnten Kriminalisierungsprozesse initiiert oder gefördert werden. Von 17,4 % der Gefängnisinsassen waren nach ihren eigenen Angaben mindestens ein Elternteil interniert (N = 983). Davon waren in 66 % der Fälle der Vater, in 24 % die Mutter und in 10 % beide Elternteile betroffen. In Wirklichkeit dürfte der Anteil der internierten Eltern wohl bedeutend höher liegen, da Internierungen häufig vor Kindern verschwiegen oder von den Befragten ungern berichtet werden und weil viele der Strafgefangenen nicht zusammen mit beiden Elternteilen aufgewachsen sind und häufig über das Verhältnis ihrer Eltern zu den Instanzen sozialer Kontrolle nicht Bescheid wissen.

4.1.6 Die Zeitspanne vom ersten Kontakt mit den Instanzen sozialer Kontrolle bis zur ersten Internierung

Die erfolgreiche Kriminalisierung einer Person findet ihren Abschluß mit der Internierung. Konnte ein Betroffener beim ersten Kontakt mit den Instanzen die Internierung abwenden, ist das ein Hinweis auf größere Immunität gegenüber Kriminalisierungsprozessen.

Bei 51 % der Insassen von Strafanstalten fällt der Zeitpunkt des ersten Kontaktes und der ersten Internierung in dasselbe Lebensjahr. Dieser Prozentsatz ist auch deshalb so hoch, weil die Einweisung in eine Erziehungsanstalt oder das Urteil, das zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung geführt hat, oft zugleich das früheste bekannte Datum über einen Kontakt mit den Instanzen sozialer Kontrolle ist. Die Zeitspanne beträgt bei 21,3 % der Insassen ein oder zwei Jahre, bei 11,6 % drei oder vier Jahre und bei weiteren 11,6 % fünf bis zehn Jahre. Nur 4, 4 % der Insassen hatten ihren ersten Kontakt mit den Instanzen über 10 bis maximal 25 Jahre vor ihrer ersten Internierung. Die monomodal schiefe Verteilung zeigt, daß Strafgefangene in der Regel sehr bald nach dem ersten Kontakt mit den Instanzen sozialer Kontrolle auch interniert worden sind.

4.1.7 Ausbildung

In den westlichen Industriegesellschaften ist Ausbildung eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Zugang zu erwünschten gesellschaftlichen Positionen und Berufen, zu hohem sozioökonomischen Status und damit zu gesellschaftlich begehrten Gütern. Jemand, der nur die Grundschule besucht und keine Berufsausbildung genossen hat, ist mehr oder weniger darauf angewiesen, zeitlebens schlecht bezahlte Hilfstätigkeiten zu verrichten, zum Teil in physisch oder psychisch ungesunden Verhältnissen. Ihm wird der Zugang zu kulturellen oder teuren Gütern ganz oder teilweise verwehrt sein.

Im Gegensatz dazu verschafft Ausbildung, vor allem eine gehobene Schulbildung, die Möglichkeit, sich in einer „gewählten“ Sprache auszudrücken, bzw. den Sprachcode der oberen Schichten zu beherrschen, um zu erklären, Vorgänge zu analysieren, Argumente zu festigen oder zu entkräften – kurz: in einer Interaktionssituation ohne physische Mittel mehr Macht auszuüben.

Bei Gefängnisinsassen ·und Bevölkerung (3) wurden folgende Ausbildungsmerkmale (letzte besuchte Vollzeitschule) erfaßt:

Gefängnisinsassen

N = 979

nur Grundschule 59,7 %

Realschule 24,0 %

Gymnasium, Technikum, Fachhochschule 11,8

davon ohne Abschluß (76,0 %)

Universität 2,3 %

– davon ohne Abschluß (68,2%)

noch in Ausbildung 2,2 %

Bevölkerung (3)

N = 1848

nur Grundschule 37,5 %

Realschule 41,9

Gymnasium, Technikum, Fachhochschule 14,5

– davon ohne Abschluss (32,1 %)

Universität 4,7 %

– davon ohne Abschluss (27,0%)

noch in Ausbildung 1,4 %

Bei den Strafgefangenen ist der Anteil derjenigen, die nur die Grundschule besucht haben deutlich überhöht. Ebenfalls überrepräsentiert sind diejenigen, die eine höhere Schulbildung ohne Abschluß abgebrochen haben oder noch in Ausbildung stehen.

Über eine abgeschloßene Berufsbildung verfügen 47,9 % der Strafgefangenen. Gewichtet man das Ergebnis wegen der Unterrepräsentation der Frauen nach dem Geschlecht, liegt der Anteil der Personen mit abgeschlossener Berufsbildung um ein Drittel niedriger als bei der Gesamtbevölkerung. Die Ausbildung der Gefängnisinsassen ist also deutlich unterdurchschnittlich.

4.1.8 Beruf

Der Beruf ist zum größten Teil von der Ausbildung bestimmt. Im Berufsleben erhält der abhängig Beschäftigte die Mittel zur Reproduktion seiner Arbeitskraft. Damit sind seine Kompetenzen und seine Macht, die über die Interaktion in der Primärgruppe hinausreicht, abgesteckt. Die Güter, die ihm zur Verfügung stehen, sind durch seinen Lohn bestimmt. Ebenso der Selbständige, der den Preis für die Qualität und Quantität der Güter oder Dienstleistungen erhält, die er vielleicht mit drei oder vier Gehilfen zusammen produziert. Der Unternehmer hingegen verfügt über Macht und Güter nach der Maßgabe der Größe und Bedeutung seines Betriebs.

Der Beruf bildet einen wesentlichen Teil des sozioökonomischen Status und bestimmt die Klassenzugehörigkeit. Er ist eine maßgebliche Bezugsgröße für interaktive Handlungs- und Kommunikationsabläufe. Um Berufe oder Tätigkeiten einordnen zu können, wurden sie in Funktionsgruppen eingeteilt.

Gefängnisinsassen

N = 979

nur leitende Funktionen 0,1 %

leitende und ausführende administrative Funktionen 4,4 %

leitende manuelle Funktionen 4,7 %

ausführende administrative Funktionen 10,8 %

ausführende manuelle Funktionen 53,6 %

Hilfsfunktionen 26,4 %

Bevölkerung (3)

N = 1848

nur leitende Funktionen 1,6 %

leitende und ausführende administrative Funktionen 15 ,8 %

leitende manuelle Funktionen 14,9 %

ausführende administrative Funktionen 21,1 %

ausführende manuelle Funktionen 37,0 %

Hilfsfunktionen 9,6 %

Strafgefangene sind in den untersten beiden Funktionsgruppen (4) stark übervertreten, während sich in der höchsten gerade nur eine Person befindet. Untervertreten sind auch die Selbständigen (12 % gegenüber 17,8 % in der Gesamtbevölkerung). Bei einem Großteil der „selbständigen“ Strafgefangenen handelt es sich um Straßenhändler, Hausierer, wandernde Musikanten oder Prostituierte.

Die Darstellung der Berufspositionen der Gefängnisinsassen macht deutlich, daß das Gefängnis im wesentlichen für das manuell arbeitende Proletariat eine Heimstätte bildet, insbesondere für den deklassierten Teil des Proletariats wie Hilfsarbeiter oder Dauerarbeitslose.

4.1.9 Sozioökonomischer Status und Schichtangehörigkeit

Die Aufgliederung der Bevölkerung nach dem sozioökonomischen Status ihrer Mitglieder und die Zusammenfassung der Individuen mit ähnlichem Status in Schichten oder Klassen stellt die ungleiche Teilhabe der Individuen an gesellschaftlichen Mitteln und Gütern dar und damit auch die ungleichen Verhältnisse zwischen den Menschen und zwischen Gesamtgesellschaft und Einzelnen.

Das in der Gesellschaft direkt wahrnehmbare Korrelat dieser Gliederung sind die Unterschiede in Ansehen, Privilegien, Vermögen, Macht, Prestige und Selbsteinschätzung, die zwischen den Individuen bestehen. Es ist unmittelbar einsichtig, daß Bezeichnungen wie Arbeiter, Direktor, Akademiker, Hilfs- oder Sonderschüler, Mitglied des Bundestages, Fremdarbeiter, Sohn des Dr. Müller, Fabrikbesitzer, Handlanger, Doktor oder Angestellter ganz bestimmte Abstufungen an Status in der Wahrnehmung der Mitglieder· der Gesellschaft ausdrücken.

Sowohl für Max Weber (1925, 1934 und 1956) als auch für Karl Marx (1842, 1858 etc.) ist die gesellschaftliche Arbeitsteilung eine Hauptbedingung der gesellschaftlichen Schichtung. Max Weber begreift die Schichtung (körperlich arbeitende Menschen einerseits und Inhaber leitender Funktionen andererseits) kulturspezifisch: Die Vorstellung des „dreckigen“ Arbeiters, die Ständevorstellung der römischen Gesellschaft, daß der Aristokrat nicht arbeiten dürfe, habe sich in Europa und seinem kulturellen Umkreis bis heute erhalten. Alle Zwischenschichten seien in der Hauptsache statistischer Natur. Dabei spielen Einkommensdifferenzen eine wichtige Rolle. Von Marx in den Vordergrund gerückt wird der Besitz von Produktionsmitteln, dessen zentrale Rolle auch Weber anerkennt. So unterscheidet Marx in erster Linie zwei Klassen: die Besitzenden (Aristokraten, Bankiers, Großhändler, Industrielle) und die Nichtbesitzenden, unterteilt in Unproduktive (Angestellte, Intellektuelle), Produktive (Arbeiter) und Lumpenproletariat (Arbeitslose, Deklassierte, Hilfsarbeiter). Weber definiert dazwischen eine weitere Klasse: die Mittelschicht, bestehend aus kleinen Eigentümern, Bauern und Handwerkern. Die neueren Autoren weichen nicht wesentlich von diesen Ergebnissen ab. Bei Lockwood (1958, S. 15) ist die Statussituation definiert als „the position of the individual in the hierarchy of prestige of society in large“. Kahn ( 1977, S. 10) bezeichnet die Klassen als Ausdruck der gesellschaftlichen Verteilung von Macht, Privilegien und Prestige.

Um solche Begriffe sozialwissenschaftlich verfügbar zu machen, bedarf es der Indikatoren. Von fast allen Autoren wird der sozioökonomische Status hauptsächlich an der Berufsposition gemessen. Kleining und Moore (1960, S. 91) erstellen eine Berufsprestigeskala von je 70 Männer- und Frauen berufen. Neundörfer (1961) definiert einen Funktionsgruppenkatalog, der es ermöglicht, Lohnempfänger nach der Art ihrer Tätigkeit in Qualifikationsstufen einzuordnen.

Häufig werden auch Einkommen und Selbsteinschätzung in die Untersuchung einbezogen, doch bleiben die Abweichungen gering, da die beiden Indikatoren von Berufsprestige und -funktion weitgehend vorherbestimmt sind (Bolte, 1974). Bei Hollingshead/Redlich (1958, S. 387) beträgt die multiple Korrelation von „occupational position“ und „education“ mit einer alle möglichen Indikatoren berücksichtigenden „class position“ r = 0.91. Collins (1971, S. 1002) hält Ausbildung für die wesentliche Voraussetzung des Zugangs zu Berufen mit hohem Status. Ausbildung wäre damit für sich allein schon ein valider Indikator für Schichtangehörigkeit.

Die exakte Einstufung der Individuen in die Gruppen eines Schichtmodells ist bis zu einem gewissen Grade willkürlich. „Groupings or strata derived from such measurement, are not necessarily real social groups, but may represent simply the more or less arbitrary classification of the investigation“ (Kohn, 1977, S. 11). Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß es in kapitalistischen Industriegesellschaften eine Schichtung gibt. Broom/Jones (1977, S. 812) nennen drei Voraussetzungen für die Indentifizierbarkeit von sozialen Schichten in einer Gesellschaft:

1. Eine soziale Differenzierung und eine Arbeitsteilung, Inhaber verschiedener sozialer Rollen ungleiche Beträge materieller und nichtmaterieller Belohnung erhalten (amounts of material or nonmaterial rewards).

2. Eine Exklusivität der Muster (patterns) sozialer Partizipation unter Personen, die soziale Rollen mit ähnlicher Belohnung (commanding similar rewards) besetzen.

3. Ungleiche Möglichkeiten der Übertragung von Vorteilen auf spätere Generationen.

Die ersten beiden Bedingungen sind ausreichend für die Definition ungleicher hierarchisch strukturierter sozialer Schichten, die dritte Bedingung ist die Grundlage für die Aufrechterhaltung von Ungleichheit und Schichtangehörigkeit von einer Generation zur andern. Hier tritt der Aspekt der sozialen Mobilität in die Analyse der gesellschaftlichen Schichtung ein.

In den meisten sozialwissenschaftlichen Untersuchungen, die Modelle zur Skalierung von sozialen Positionen oder Schichtangehörigkeit konstruieren, werden Indikatoren wie Beruf, Ausbildung, Einkommen und Vermögen oder Kapitalbesitz verwendet. In gewisse Untersuchungen werden auch noch Wohngebiet und weitere soziodemographische Faktoren einbezogen. In der hier vorliegenden Analyse des Kriminalisierungsprozesses ist es unerlässlich, die Indikatoren so zu wählen, daß aus den vorhandenen Daten ein genügend reliabler Schichtindex hervorgeht. Des weitern muß das Modell für die Analyse der Gesamtbevölkerung tauglich sein, um eine Vergleichsbasis für die Daten der Strafgefangenen zu sichern.

Das Modell stützt sich auf die Indikatoren Beruf, Selbständigkeit vs. Lohnarbeitsverhä)tnis, Berufs- und Schulbildung. Es ist nicht notwendig, den Indikator Einkommen miteinzubeziehen, da er weitgehend von Beruf und Ausbildung abhängt. Zudem ist es nicht ohne weiteres möglich, verschiedene Einkommen über eine längere Zeit hinweg zu vergleichen, was bei der Einbeziehung der Schichtangehörigkeit der Eltern unabdingbar wäre. Daten über soziodemographische Faktoren und Selbsteinschätzung liegen nicht vor. Zudem sind sie von Beruf und Ausbildung beinahe ohne Abweichung bestimmt. Bei Hollingshead (1958) korreliert Selbsteinschätzung mit dem beruflichen Status r = 0.902. Kapitalbesitz ist durch Beruf und das Fehlen eines Lohnarbeitsverhältnisses hinlänglich bestimmt.

Bei der Festlegung eines Schichtindexes wurde den verschiedenen Indikatoren ein unterschiedliches Gewicht zugemessen. Am wichtigsten ist zweifellos der Beruf, da er den größten Anteil an der Bestimmung des Fehlens oder Vorhandenseins von Macht, Handlungsspielraum, Privilegien und Prestige des Individuums hat. An zweiter Stelle steht die Ausbildung. Um die Schichtstruktur darzustellen, sind Beruf und Ausbildung ordinalskalierten Variablen zugeordnet und zu einer Variablen zusammengefaßt, aus der mittels Gruppenbildung die Schichten bestimmt werden.

In den einzelnen Schichten finden sich beispielsweise:

Oberschicht (OS, 82 – 100 Punkte)

Besitzer von Unternehmen mit über 50 Lohnabhängigen, Ärzte in Spitzenpositionen, Personen mit höchsten Positionen in Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft oder Politik

Obere Mittelschicht (OM, 70 – 81 Punkte)

Frei berufliche mit Universitätsabschluß, mittlere Unternehmer, Lohnabhängige und Beamte in nur leitenden Positionen

Mittlere Mittelschicht (MM, 58 – 69 Punkte)

kleinere Unternehmer, Akademiker in nur ausführenden Stellungen, Angestellte mit Berufsausbildung in leitenden und zugleich ausführenden Positionen, Lehrer an gehobenen Schulen

Untere Mittelschicht (UM, 46 – 57 Punkte)

kleine Selbständige im Handwerk mit Mitarbeitern, Angestellte in ausführenden Positionen mit Berufs- und gehobener Schulbildung, mittlere selbständige Bauern, Facharbeiter in leitenden Positionen

Obere Unterschicht (OU, 34 – 45 Punkte)

unqualifizierte Angestellte in ausführenden Positionen, qualifizierte Arbeiter in ausführenden Positionen, Selbständige im Handwerk ohne Mitarbeiter

Untere Unterschicht (UU, 13 – 33 Punkte)

unqualifizierte Arbeiter, Hilfsarbeiter mit regelmäßiger Beschäftigung, Gelegenheitsarbeiter mit Berufsbildung

Sozial Deklassierte (SD, 1-12 Punkte)

mit sozial verachteten Tätigkeiten beschäftigte Arbeiter, Gelegenheitsarbeiter ohne jegliche Qualifikation, Hilfsknechte, Landstreicher, Sozialhilfeempfänger ohne Aussicht auf ordentliche Beschäftigung

Dabei ergeben sich folgende Verteilungen

Strafgefangene %: OS 0,3; OM 2,8; MM 7,1; UM 11,7; OU 33,4; UU 27,1; SD 17,6

Bevölkerung A (5) eigene Ber. %: OS 1,8; OM 6,8; MM 13,8; UM 27,7; OU 30,0; UU 17,1; SD 2,8

Bevölkerung B (5) Moore/Kleining %: OS 1; OM 5; MM 15; UM 30; OU 28; UU 17; SD 4

Bevölkerung C (5) Scheuch %: OS 2,5; OM 6,1; MM 14,6; UM 20,7; OU 36,6; UU 19,5; SD x

Bevölkerung D (5) Bolte %: OS 2; OM 5; MM 14; UM 29; OU 29; UU 17; SD 4

In den untersten Schichten, vor allem bei den sozial Deklassierten, sind die Strafgefangenen deutlich überrepräsentiert. Je höher die Schicht, desto kleiner wird der Anteil der Insassen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Dafür gibt es zwei sich nicht ausschließende Erklärungsmöglichkeiten: erstens der starke ökonomische Druck auf die unteren Schichten, der sie eher dazu zwingt, sich begehrte oder lebensnotwendige Güter auf gegen juristische Normen verstoßendem Wege zu beschaffen, und zweitens die Benachteiligung dieser Schichten durch die Instanzen sozialer Kontrolle.

4.1.10 Operationalisierung des Klassenbegriffs, Klassenzugehörigkeit

Die Kritik der politischen Ökonomie geht wie die klassische politische Ökonomie von Ricardo und später auch Max Weber von einer grundlegenden Zweiteilung der Gesellschaft in Kapital und Arbeit bzw. Kapitalisten und Arbeiter aus. Das Proletariat, gekennzeichnet durch die doppelte Freiheit als Freiheit von Produktionsmitteln und Freiheit zum Verkauf der Arbeitskraft differenziert sich in den Kategorien produktive und unproduktive Lohnarbeiter, Lohnarbeiter des industriellen und des kommerziellen Kapitals, Bezieher primärer und abgeleiteter Revenue (Bischoff, 1980, S. 52 ff; Bierbaum, 1977, S. 18 ff).

Eine weitere Differenzierung besteht in der Qualifikation der Arbeit als „geschickte“ oder „ungeschickte“, „komplizierte“ oder „einfache“ Arbeit. Neben den Lohnarbeitern des Kapitals werden der Arbeiterklasse auch die Lohnarbeiter der nicht-kapitalistischen Warenproduktion und -zirkulation sowie die Arbeitslosen zugerechnet, im weitesten Sinne auch die von den Arbeitern miternährten Angehörigen. In unserm Datensatz fehlen die notwendigen Angaben, um die einzelnen Individuen mit genügender Sicherheit bestimmten Fraktionen des Proletariats zuzuordnen, so daß nur die Klasse als solche definiert werden kann. Eine Zuordnung wäre statistisch gesehen auch nicht unbedingt sinnvoll, weil sie nur eine differenzierte Nominalskala zum Resultat haben würde. Nach Bischoff gehören 52 % der Bevölkerung der BRD der Arbeiterklasse an.

Die dem Proletariat entgegengesetzte Klasse ist die Bourgeoisie. Sie gliedert sich in fungierende Kapitalisten (Unternehmer), bloße Kapitaleigentümer (Rentiers) und Grundeigentümer als Sonderfall (nicht jedoch Bauern, die ihr eigenes Land bewirtschaften, vgl. Bischoff, 1980, S. 84 f). Nach Bischoff teilen sich die fungierenden Kapitalisten auf in Produktionsmitteleigentümer und bloße Dirigenten, also Spitzenmanager, die überwiegend aus dem Profit bezahlt werden. In unserer Untersuchung werden jedoch die Manager den Mittelklassen zugerechnet, soweit sie nicht über Kapitalbesitz verfügen. Der Kapitalistenklasse gehören auch die miternährten Angehörigen an. Der Bourgeoisie werden nach Bischoff 5 % der Bevölkerung zugerechnet, bei den von uns untersuchten Strafgefangenen niemand.

Zwischen den· beiden Hauptklassen stehen die Mittelklassen, vor allem Selbständige, nicht-kapitalistische Warenproduzenten und Bauern (diese bilden nach Marx keine selbständige Klasse). Die Mittelklassen sind auch Personen mit abgeleitetem Einkommen wie Beschäftigte in Verbänden, Parteien usw. sowie Staatsbeschäftigte zugeordnet. Im Gegensatz zu Bischoff (1980, S. 94 und 110 ff) rechne ich Rentner und Sozialhilfeempfänger nicht den Mittelklassen zu, sondern der Klasse aus der sie stammen. Ebenso bilden nicht-leitende Arbeiter und Angestellte bei staatlichen Wirtschaftsunternehmen in der Untersuchung Teile des Proletariats. Es geht hier nicht um eine Funktionsbestimmung von Individuen innerhalb der Ökonomie, sondern um die Operationalisierung gesellschaftlicher Positionen und so erscheint es wenig sinnvoll, Sozialhilfeempfänger genau wie Richter am Bundesverfassungsgericht den Mittelklassen zuzuordnen. Nach Bischoff gehören 43 % der Bevölkerung der BRD zu den Mittelklassen.

Die Klassenzugehörigkeit der Strafgefangenen und der Kontrollgruppe gliedert sich wie folgt:

Bourgeoise Gefängnisinsassen N = 979: 0 Bevölkerung N = 1848: 3 %

Mittelklassen Gefängnisinsassen N = 979: 10,4 % Bevölkerung N = 1848: 39 %

Proletariat Gefängnisinsassen N = 979: 89,6 % Bevölkerung N = 1848: 58 %

Für die Hypothesenprüfung wurde nur die Schichtvariable verwendet. Sie kann statistisch gesehen an die Stelle der Klassenvariable treten, da die Interkorrelation äußerst hoch ist (Gamma = . 93). So kann in der Hypothesenformulierung und -prüfung ohne weiteres von Klasse gesprochen werden. (6)

4.1.11 Sozioökonomischer Status der Eltern

Die Herkunft oder der sozioökonomische Status der Eltern können in verschiedener Hinsicht einen Einfluß auf den Kriminalisierungsprozeß haben. Erstens wirken sie auf das Ausbildungs- und Berufsniveau der Kinder. zweitens könnte ein hoher Status der Eltern Jugendliche vor der Kriminalisierung beschützen, indem die Eltern ihre größeren gesellschaftlichen Kompetenzen und Machtmittel im Definitionsprozeß abweichenden Verhaltens zugunsten ihrer Kinder einsetzen und dies von den Instanzen sozialer Kontrolle bei der Ausübung der Definitionsmacht antizipierend berücksichtigt wird. Die entsprechende These wäre, daß ein hoher sozioökonomischer Status der Eltern Frühkriminalisierung weitgehend verhindert.

Der Vergleich von Berufsfunktionen der Gefängnisinsassen, deren Väter (als Indikator für den sozioökonomischen Status der Eltern) und der Gesamtbevölkerung ergibt folgendes Bild:

nur leitende F. Gefängnisinsassen N = 989 0,1%; Väter der Gefängnisinsassen (7) N = 905 0,3% ; Bevölkerung N = 1848 1,6 %

leitende und ausführende administrative Funktionen Gefängnisinsassen 4,4 %; Väter 9,0 %; Bevölkerung 15,8 %

leitende manuelle Funktionen Gefängnisinsassen 4,7 %; Väter 14,2 %; Bevölkerung 14,9 %

ausführende administrative Funktionen Gefängnisinsassen 10,8 %; Väter 12,7 %; Bevölkerung 21,1 %

ausführende manuelle Funktionen Gefängnisinsassen 53,6 %; Väter 50,4 %; Bevölkerung 37,0 %

Hilfsfunktionen Gefängnisinsassen 26,4 %; Väter 13,4 %; Bevölkerung 9,6 %

Die unteren Funktionsgruppen sind also auch bei den Eltern der Gefängnisinsassen übervertreten. Der Grad der klassenspezifischen Selbstrekrutierung der Strafgefangenen ist wahrscheinlich genauso hoch wie bei den Richtern. (8) Richter stammen meistens aus den oberen Schichten, Gefängnisinsassen sind in der Regel Kinder von Arbeitern und Angestellten und gehören auch selbst den entsprechenden Schichten an. Analog dem Status der Insassen wurde eine Variable „Herkunft“ oder Status der Eltern gebildet.

4.2 Deskripitve Statistik der Kriminalisierungsereignisse

Neben den sozioökonomischen Merkmalen und den Altersvariablen stehen die Kriminalisierungsereignisse im engeren Sinne als abhängige Variablen des Kriminalisierungsprozesses. Es handelt sich um Vorverurteilungen, aktuelle Verurteilungen und Internierungen.

4.2.1 Abgeurteilte Straftaten

Um eine sinnvolle Auswertung zu gewährleisten, sind die Verurteilungen zu Deliktsgruppen zusammengefaßt. Die Zahlen beziehen sich in Prozent auf Insassen, die wegen der entsprechenden Delikte verurteilt wurden. Für die aktuelle Verurteilung ist N = 952, für die Vorverurteilungen (Summe der Verurteilungen vor der aktuellen Verurteilung) N = 891 und für die erste Verurteilung N = 945.

Diebstahl (9) erste Verurteilung 54,7 %; Vorverurteilung 71,5 %; aktuelle Verurteilung 54,4 %

Betrug (10) erste Verurteilung 17,5 %; Vorverurteilung 46,0 %; aktuelle Verurteilung 28,8 %

Raub (11) erste Verurteilung 4,1 %; Vorverurteilung 5,9 %; aktuelle Verurteilung 10,6 %

Tötung (12) erste Verurteilung 2,2 %; Vorverurteilung 0,5 %; aktuelle Verurteilung 4,7 %

Körperverletzung (13) erste Verurteilung 2,3 %; Vorverurteilung 4,7 %; aktuelle Verurteilung 5,7 %

Vergewaltigung (14) erste Verurteilung 0,8 %; Vorverurteilung 2,0 %; aktuelle Verurteilung 3,2 %

sonstige Sexualdelikte (15) erste Verurteilung 10,4 %; Vorverurteilung 18,4 %; aktuelle Verurteilung 13,0 %

Verkehrsdelikte (16) erste Verurteilung 25,7 %; Vorverurteilung 53,2 %; aktuelle Verurteilung 26,1 %

Betäubungsmitteldelikte (17) erste Verurteilung 3,5 %; Vorverurteilung 3,0 %; aktuelle Verurteilung 6,0 %

Der größte Teil der Strafgefangenen wurde wegen Eigentumsdelikten verurteilt. Auch die Verkehrsdelikte wurden meist in diesem Zusammenhang abgeurteilt. Im Zentrum des repressiven Strafrechts steht die herrschende Eigentumsordnung. Über 85 % der Insassen wurde eine Verletzung der Eigentumsordnung zugeschrieben, während Verletzungen der persönlichen Integrität, zumal „schwere Fälle“ wie Mord und Vergewaltigung eine eher unbedeutende Rolle spielen. Bei der Eigentumskriminalität geht es weniger um spektakuläre Verbrechen wie Raub und Wirtschaftskriminalität, sondern in erster Linie um geringfügigere wie Diebstahl. Der Bruch der bürgerlichen Aneignungsnormen von Gütern und Werten ist Indiceskandidat für kriminelles Verhalten überhaupt. Der Definitionszusammenhang könnte über folgende Struktur vermittelt sein: Wer die Aneignungsnormen nicht beachtet, hat keine Achtung vor der Rechtsordnung. Personen, die keine Achtung vor der Rechtsordnung haben, ist kriminelles Verhalten im weitesten Sinne zuzuschreiben.

Diese These wird durch folgendes Faktum gestützt: Ein einziger (von dreißig) „Vergewaltigern“ wurde nur wegen dieses Deliktes verurteilt, ohne eine Vorstrafe zu haben. Es handelt sich dabei um einen Hilfsarbeiter. Nur ein knappes Drittel der „Vergewaltiger“ wurde nicht gleichzeitig wegen Verstößen gegen die Eigentumsordnung verurteilt. Die Instanzen sozialer Kontrolle scheinen nach der Regel vorzugehen, daß nur „Diebe“ und „Vorbestrafte“ durch Freiheitsentzug zu kriminalisieren wären. Bei „Dieben“ oder „Einbrechern“ sind wohl solche Randbedingungen wie Vorstrafen nicht vonnöten, um einen Freiheitsentzug zu legitimieren; es reicht hier der zugeschriebene Bruch der Eigentumsordnung.

4.2.2 Art der ersten Verurteilung

Der Verlauf des Kriminalisierungsprozesses hängt wesentlich davon ab, ob die erste Verurteilung zum Freiheitsentzug geführt hat, oder ob nur eine Buße oder eine Freiheitsstrafe auf Bewährung ausgesprochen wurde (N = 950). Resultat der ersten Verurteilung waren in 13,9 % der Fälle eine Buße, in 33,5 % eine Freiheitsstrafe auf Bewährung und in 25,9 % eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung. In 26,7 % wurde eine Jugendstrafe ausgesprochen. Von diesen haben 55 % zum Freiheitsentzug geführt, während 45 % der Strafgefangenen zu nicht freiheitsentziehenden Jugendmaßnahmen verurteilt wurden. Über die Hälfte dieser 45 % waren aber zu diesem Zeitpunkt schon interniert gewesen. Der Anteil derjenigen, denen mit oder vor der ersten Verurteilung die Freiheit entzogen wurde, ist hoch: Es handelt sich um etwa die Hälfte der Gefängnisinsassen. Betrachtet man sämtliche Strafverfahren, werden hingegen nur durchschnittlich etwa 25 % derjenigen, denen im Strafverfahren abweichendes Verhalten zugeschrieben wurde, zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt. (18) Man kann also von diesem Gesichtspunkt aus auf einen die kriminelle Karriere fördernden Effekt der Freiheitsstrafe ohne Bewährung schließen. „Freiheitsentzug bei erster Verurteilung“ ist ein Indiceskandidat für die Zuschreibung von „kriminellem Verhalten“ im weiteren Kriminalisierungsprozeß.

4.2.3 Art der aktuellen Verurteilung

Gegenstand der Untersuchung sind Strafgefangene. Alle untersuchten Personen sind im vorgängigen Verfahren zu Freiheitsentzug verurteilt worden (19). Es spielt hier allerdings eine Rolle, ob es sich um 11normale11 Freiheitsstrafen oder um Maßnahmevollzug (Jugendmaßnahme, Internierung als Gewohnheitsverbrecher usw.) handelt. Der Maßnahmevollzug dauert in der Regel bedeutend länger als andere Freiheitsstrafen und betrifft 16,1 % der Strafgefangenen (N = 958). Als Jugendmaßnahme steht er am Anfang und als Internierung als Gewohnheitsverbrecher am Ende der kriminellen Karriere.

4.2.4 Anzahl der Verurteilungen

Die Anzahl der Verurteilungen zeigt die Frequenz der Kriminalisierungsereignisse auf. Führten sie zum Freiheitsentzug, bilden sie die Grundlage zur kriminellen Karriere. Als sogenannteVorstrafen gehen sie in die Urteilsfindung des aktuellen Verfahrens ein.

Prozent der Gefängnisinsassen

(N = 971)

keine Vorstrafen, administrative Einweisung 3, 7

keine Vorstrafen, nur aktuelle Verurteilung 12,3

eine oder zwei Vorstrafen 24,4

drei oder vier Vorstrafen 18,9

fünf bis sieben Vorstrafen 16,3

acht bis zehn Vorstrafen 10,3

über zehn bis fünfzehn Vorstrafen 9,6

über fünfzehn bis zwanzig Vorstrafen 2,6

über zwanzig bis neunundvierzig Vorstrafen 1,9

Die große Zahl der Vorbestraften und die Anzahl der Vorverurteilungen zeigen, daß auch Vorstrafen Indiceskandidaten für die Zuschreibung kriminellen Handelns sind.

4.2.5 Rückfall

Rückfall ist durch das Strafgesetz definiert (20) und bedeutet, daß dem Verurteilten innerhalb der vorangegangenen fünf Jahre wegen einer. vorsätzlichen Straftat die Freiheit entzogen wurde; Rechtsfolge ist Strafverschärfung. 53,3 % der Strafgefangenen waren rückfällig (N = 953). In allen diesen Fällen liegt eine kriminelle Karriere vor, und somit ist Rückfall ein weiterer Indiceskandidat für die Zuschreibung kriminellen Handelns.

4.2.6 Dauer der Internierung vor der aktuellen Verurteilung

Diese Variable zeigt auf, in welchem Maße schon vor der aktuellen Verurteilung eine Kriminalisierung stattgefunden hat. 23 % der Gefängnisinsassen waren bei der Befragung erstmalig interniert. 14 % waren vorher höchstens ein Jahr interniert, 30 % über einem bis 5 Jahre, 13 % über 5 bis 10 Jahre und weitere 10 % über 10 Jahre. Die meisten Strafgefangenen haben also schon eine kriminelle Karriere hinter sich (N = 974). Vorkriminalisierung mit den Indikatoren Vorstrafen, Vorinternierung und Rückfall kann in die Reihe der Indiceskandidaten für die Zuschreibung kriminellen Verhaltens aufgenommen werden.

4.3 Deskriptive Statistik der Resultate des Kriminalisierungsprozesses

Die letzten abhängigen .Variablen des Kriminalisierungsprozesses sind die Internierungen. Erst die vollzogene Freiheitsstrafe bringt die Definition eines Menschen als Kriminellen zur vollen Geltung. Als Resultate des Kriminalisierungsprozesses wurde das aktuelle Strafmaß bzw. die aktuelle Internierungsdauer, die Gesamtinternierungsdauer und der „Grad der Kriminalisierung“ als Koeffizient von Gesamtinternierungsdauer und Lebensalter erhoben.

4.3.1 Das aktuelle Strafmaß

Die Dauer der aktuellen Internierung (21) zeigt das quantitative Element der Strafzumessung und damit der aktuellen Kriminalisierung auf (N = 980).

40,6 % der Strafgefangenen verbüßen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr oder weniger ( 21, 8 % bis ein halbes Jahr und 18,8 % über ein halbes Jahr), 21,2 % über ein bis zwei Jahre, 16,3 % über zwei bis drei Jahre, 6,2 % über drei bis vier Jahre und 8 % über vier bis fünf Jahre. (22) Über fünfjährige Freiheitsstrafen sind in 7,7 % der Fälle ausgesprochen worden (3,9 % unter zehn Jahren und 3,8 % über zehn Jahre). Bei den über fünfjährigen Freiheitsstrafen handelt es sich in aller Regel um Maßnahmevollzug oder Verurteilungen wegen absichtlicher Tötungsdelikte. Es gilt nun herauszufinden, inwieweit meßbare sozioökonomische Merkmale und vorhergegangene Kriminalisierungsereignisse einen Einfluß auf das Strafmaß haben (vgl. Abschnitte 5.2, 5.4 und 5.5).

4.3.2 Die gesamte Internierungsdauer

Diese Variable gibt Auskunft über den gesamten Zeitraum, während dem der Strafgefangene in Erziehungs- und Arbeitsanstalten oder Gefängnissen interniert war (N = 974).

Von den untersuchten Strafgefangenen waren 31 % bis zu zwei Jahren interniert, 23,8 % über zwei bis vier Jahre, 11,6 % über vier bis sechs Jahre, 8,8 % sechs bis acht Jahre und 5,2 % über acht bis zehn Jahre. Über zehn bis fünfzehn Jahre waren 10, 7 % interniert, über fünfzehn bis zwanzig 5,5 %, über zwanzig bis fünfundzwanzig 3,5 % und 0,9 % über fünfundzwanzig Jahre. So liegt der Anteil der Strafgefangenen, denen insgesamt länger als fünf Jahre die Freiheit entzogen wurde, bei 38 %. Das wirft ein Licht auf das Ausmaß und die zeitliche Ausdehnung des Freiheitsentzuges, den kriminalisierte Personen auszustehen haben.

4.3.3 „Grad der Kriminalisierung“: Der Quotient von Internierungsdauer und Lebensalter

Bei dieser Variable geht es in erster Linie darum, das momentane Alter der Gefängnisinsassen zu isolieren und damit die Gesamtinternierungsdauer unabhängig von den rein lebensaltersbedingten „Gelegen­ heiten“ zur Kriminalisierung zu machen. So können auch gerichtsrelevante Argumente von der Art „er hat sich lange Zeit nicht zuschulden kommen lassen“ oder „kaum ist er aus dem Gefängnis entlassen worden, hat er schon wieder …“ besser berücksichtigt werden als nur mit der Gesamtinternierungsdauer. „Grad der Kriminalisierung“ ist der Prozentsatz der Lebenszeit, die der Strafgefangene hinter Gittern verbracht hat.

Die Verteilung ist schief und monomodal, die meisten Fälle finden sich im Bereich von unter 15 % (N = 973).

Grad der Kriminalisierung

bis 5 % 25,7

über 5 % bis 10 % 19,3

über 10 % bis 15 % 14,4

über 15 % bis 20 % 9,6

über 20 % bis 25 % 8,2

über 25 % bis 30 % 5,9

über 30 % bis 40 % 8,8

über 40 % bis 50 % 5,5

über 50 % bis 70 % 2,6

Fast 25 % der Gefängnisinsassen waren während mehr als einem Viertel ihres Lebens interniert. Die Variable Grad der Kriminalisierung wird zum Vergleich und zur Kontrolle der gesamten Internierungsdauer als letzte abhängige Variable analysiert.

Anmerkungen

Kapitel 3

1 Stratenwerth/Äbersold: Programm, Methode und Durchführung einer empirischen Untersuchung. Der schweizerische Strafvollzug, Bd. 1, 1976; sowie folgende Bände 2 bis 11

2 T-Test, CHI2-Test (SPSS)

3 Pearson ’s Correlation, Partial Correlation und multiple Regression (SPSS), eine kurze Beschreibung findet sich im Anhang

Kapitel 4

1 vgl. dazu Dürkop/Hardtmann, 1974; Dürkop, 1978b und 1978c; Klein-Schonnefeld, 1978; Dürkop/Gipser, 1978; Stein-Hilbers, 1978

2 Quelle: Die Strafurteile in der Schweiz, 1976, Statistische Quellenwerke der Schweiz Heft 617, Bern 1977

3 Quelle für die hier und später aufgeführten Bevölkerungsdaten ist eine unveröffentlichte Randauszählung der Untersuchung „Werte und Wertordnungen in der Schweiz“ des Instituts für Soziologie in Bern 1974. Die repräsentative Untersuchung bezieht sich auf erwachsene Schweizer beiden Geschlechts.

4 Die Skala, die in der statistischen Auswertung angewendet wurde, ist weitaus differenzierter. Der Einfachheit halber erscheint sie hier in einer reduzierten Form.

5 Um die Schichtverteilung der Bevölkerung darzustellen, wurden vier verschiedene Untersuchungen ein bezogen.

A: Eigene Berechnungen aufgrund des Datenmaterials der Untersuchung „Werte und Wertordnungen in der Schweiz“, aaO. 1974. Die Zuordnungskriterien entsprechen denjenigen, die bei der vorliegenden Untersuchung auf die Strafgefangenen angewendet wurden.

B: Moore/Kleining, 1960, S. 91, Selbsteinstufung der Probanden

C: Scheuch, 1961, S. 103, Fremdeinstufung nach Beruf, Einkommen, Schulbildung

D: Bolte u.a., 1966

6 Zur Verwendung des Schichtbegriffs innerhalb der Klassentheorie vgl. Furth/Greffrath, 1977, S. 123 ff, dort auch die Ausführungen von Herkommer, S. 138 f. Die Klassenzugehörigkeit der Eltern konnte nicht mit genügender Sicherheit festgestellt werden. Das Schichtmodell wurde analog verwendet.

7 Die Kategorie „Väter“ ist wegen des Zeitunterschiedes zwischen Erhebung und Erwerb des Status durch die Väter nicht direkt vergleichbar.

8 vgl. dazu Kaupen, 1969; Kaupen/Rasehorn, 1971 und Kaupen/Volks/Werle, 1970

9 Die Prozentzahlen übersteigen 100 %, da Verurteilungen wegen mehrerer Delikte häufig sind. Es wurden noch mehr Deliktsgruppen erfaßt, deren Fallzahl allerdings niedrig ist und die meist in Zusammenhang mit anderen Delikten abgeurteilt werden.

Diebstahl: kleine Eigentumskriminalität, Hausfriedensbruch, Erschleichen einer Leistung, Entwendung zum Gebrauch usw.

10 Betrug: Veruntreuung, Unterschlagung, Urkundenfälschung, Wirtschaftskriminalität

11 Raub: Eigentumsdelikte mit Gewaltanwendung, Erpressung

12 Tötung: absichtliche Tötungsdelikte, Mord

13 Körperverletzung: absichtliche und fahrlässige Körperverletzung, fahrlässige Tötung

14 Vergewaltigung: Notzucht und Nötigung zu unzüchtiger Handlung

15 sonst. Sexualdelikte: Unzucht mit Minderjährigen usw.

16 Verkehrsdelikte: alle Delikte nach Straßenverkehrsgesetz

17 Betäubungsmitteldelikte: alle Verstöße gegen Betäubungsmittelgesetze

18 Quelle: Die Strafurteile der Schweiz, Bern 1970 ff

Das schweizerische Strafrecht unterscheidet nicht zwischen Geldstrafe und Geldbuße

19 Das stimmt bis auf einige Ausnahmen: 36 Gefängnisinsassen im Sample sind nicht aufgrund richterlichen Beschlusses, sondern aufgrund administrativer Verfügungen eingewiesen worden.

20 § 48 DStGB und Art. 67 CHStGB

21 Die Prozentzahlen sind im Datensatz insofern verzerrt, als durch die Stichtagserhebung Insassen mit langjährigen Freiheitsstrafen eine größere Chance haben, in das Sample zu kommen und damit im Datensatz gegenüber dem wirklichen Anteil der Insassen überrepräsentiert sind.

22 In Deutschland liegt der Anteil der Kurzzeitsträflinge niedriger, da einschlägige Gesetzesartikel den Vollzug von Kurzzeitsstrafen erschweren (§ 47 DstGB).